Dienstag, 4. November 2014

An der Nahtstelle zweier Kontinentalplatten

Der schönste aller „one day walks“ Neuseelands soll er sein, der Weg hinein in die Todeszone der Feuerberge von Aotearoa. Das „Tongariro Alpine Crossing“ ist eine 19 Kilometer lange Querung des Vulkanmassivs im Süden des Lake Taupo, und niemand, der das Glück hat, geeignete Wetterbedingungen vorzufinden, kann sich der Anziehungskraft der weißen Riesen entziehen.
Gleich zu Beginn unserer Wanderung wird klar, dass wir hier ein Rendezvous mit unberechenbaren und manchmal recht grantigen Vulkanbergen haben. Das grüne Licht beim Carpark bedeutet: „Vulkan schläft“. Alles klar also, aber gleich daneben das Schild mit dem Verhaltenskodex für die Tour: „ If there are any signs of eruption (earthquake, rumbling, ashclouds or flying rocks move as quickly as possible down the track off the mountain and stay out of valleys!“


Zu unserer Rechten erhebt sich die Flanke des Mt. Ngauruhoe (2291m). Eine kleine, weiße Fahne kräuselt sich als dünner Strich in den Himmel, so als hätte jemand mit einer Nadel in einen Gasluftballon gestochen. Fast wirkt es, als strecke der Vulkan warnend seinen Zeigefinger in die Höhe -  „Achtung, lass dich nicht täuschen, ich schlafe nur!“ Die Schönheit des Vulkans ist absolut! Ein idealer Kegel im Zebralook, der sich aus den blendend weißen Schneefeldern und pechschwarzen Lavaströme ergibt, steht vor uns und ragt in einen stahlblauen Himmel.


Wir haben uns gegen die intensive Sonneneinstrahlung gut geschützt und steigen nun steil den „Devils Staircase“ hoch bis zu einem Sattel. Hier tut sich der Blick auf die Krater des Tongariro auf. Auch wenn dieser seine Spitze bei den zahlreichen Eruptionen der Vergangenheit eingebüßt hat, so ist er doch sehr beeindruckend. Vom Rand des Red Crater, der sich uns als aufgerissener Höllenschlund mit intensiv rotbraun gefärbten Kraterwänden zeigt, geht es in einer Rutschpartie über die Aschenflanke hinab - für uns durchaus lustig, wie Schifahren, für viele andere eine absolute Zitterpartie. An einem Vorsprung halten alle wie verzaubert an.


Die Emerald Lakes liegen unter uns. Blauäugig und lieblich blickt uns der Vulkan an, schmückt sich mit Edelsteinen - Mondstein, Türkis, Aquamarin. Im Hintergrund leuchtet der Blue Lake wie ein dunkelblauer Alpensee.
Rechterhand schmaucht es gewaltig und übelriechend aus dem Te Mari Crater, Auch hier wieder der Hinweis, nicht stehen zu bleiben und rasch die Zone zu verlassen. Ganz unten, am Ende der Tour, ein einsamer Vogel, der irgendwo verloren zwitschert. Er macht uns bewusst, dass wir während der gesamten Wanderung kein einziges Tier gesehen haben - nichts, nicht einmal eine Fliege oder einen Schmetterling!

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