Donnerstag, 18. Dezember 2014

Wild - wilder - wilderness


„God´s own Country“ nennen die Neuseeländer ihr Land, oder auch schlicht und einfach „Godzone“. Es ist eine amphibische Welt, die einzig der Farbe Grün huldigt, in der es scheint, als wären wir in einer Zeit unterwegs, die nichts mit der Gegenwart zu tun hat. Ist es die Vergangenheit unserer Erde, die sich uns hier offenbart. Oder ist es ganz einfach die Zeit außerhalb der Zeit? Selten waren wir so stark mit der Erde verbunden und gleichzeitig so abgehoben. Unser Gehen - ein einziges Staunen. Wild, wilder wilderness, das grüne Herz Neuseelands - um uns und in uns. Wir haben die Westküste der Südinsel erreicht.




Von Te Anau, dem Tor zum Fjordland-Nationalpark, geht es hinein zum Milford Sound. Die Straße wird von einem grünen Flüsschen begleitet, dringt in steiles, bewaldetes Bergland vor und windet sich langsam hoch, um dann an einem scheinbar unbezwingbaren, kahlen Felsen anzustehen. Eine Föhnmauer hängt sich als erstarrter Wolkenwasserfall über einen hohen Bergsattel und über die glatten Wände rieseln unzählige Wasserfälle – dünn und federleicht wie die Silberzöpfe einer alten Frau. Wir haben den Homertunnel erreicht, der als 921 Meter langes, schwarzes Loch durch den Berg hinüber ins Cleddau Valley führt. Auf der anderen Seite des Tunnels geht es nur noch bergab, bis man den Milford Sound erreicht. Lediglich an 50 Tagen des Jahres zeigt sich der „Mitre Peak“. Heute erhebt er sich vor blitzblauem Himmel aus einem Wasser wie dunkle Tinte, das ihm als unergründliche Tiefe zu Füßen liegt.



Die Strände der Westküste grenzen an die wilde Tasman See, sind rau und übersät mit riesigen, angeschwemmten Baumstämmen.


Wie die Wedel des Silverfern recken sich auf dem Kopf stehende Wurzelstöcke in den Himmel und der Torso eines ausgehöhlten Baumstamms glänzt bleich wie das Kriegsschiff eines Maori, mit Mustern und Spiralen, die das Salzwasser in das wehrlose Holz modelliert hat. Dumpf dröhnt die Brandung und leckt in stetigem Auf und Ab über die glänzend blank gehobelten Teller der Jahresringe. Ein Ort, der von der Kraft der Elemente durchdrungen ist: vom Feuer der Sonne, von der Luft im unbarmherzigen Wind, vom Wasser des ewigen Ozeans und vom Holz, das aus Erde geworden ist und nun wieder zu Erde werden muss.


Wenn man auf 200 Metern Seehöhe gerade erst den Regenwald hinter sich gelassen hat, steht man unvermittelt vor der Hochgebirgsszenerie des Westland National Parks mit seinen beiden Berühmtheiten, dem Fox- und dem Franz Josef Gletscher. Die Eisströme schaffen eine greifbare Verbindung zwischen der Küste und den höchsten Gipfeln der Neuseeländischen Alpen. Weil das Gelände innerhalb weniger Kilometer von über 3000 Metern fast auf Meereshöhe abfällt, und die Niederschläge in den Gipfelregionen mit bis zu 15 Metern Neuschnee im Jahr rekordverdächtig sind, reichen die Gletscherzungen bis auf eine Seehöhe von 200 Metern herab. Wegen der hohen Fließgeschwindigkeit kann sich nur wenig Schutt auf den Gletschern ablagern und sie bleiben jungfräulich weiß.




In der „Welt des Weißen Reihers“ – die Okarito Lagune





Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen